Samstag, 20. Dezember 2014

Reisebericht Schottland - Abenteuer Highlands

Den Sommer in Schottland verbringen...
Für die einen ein Land des immer andauernden Regens, für die anderen schon fast der Rand der Welt. Vielerorts wenig bekannt und im Schatten des imperialen Englands ist das kleine Land im Norden der britischen Inseln der Kristall auf der Spitze des Berges, für die die es kennen.
Mit dem Flugzeug nach Edinburgh ist es eine kurze Reise im dichtbesiedelten Europa, doch niemand ahnt wie weit sich die Landschaft erstreckt in der wir unterwegs seien werden, teilweise ohne anderen Menschen zu begegnen.
In Edinburgh übernachten wir am Rande des Firth of Forth in einem Bed and Breakfast, verbringen ein wenig freie Zeit in der für uns noch unbekannten Hauptstadt des Landes. Am nächsten Tag durchfahren wir die lebendige Stadt auf einer Rundfahrt, spazieren um den Hausberg, wandeln zwischen Alt- und Neustadt, doch immer wieder schweifen unsere Gedanken in Richtung Norden, in Richtung der Highlands.
Am Nachmittag ist es dann soweit, wir laden das Auto voll und begeben uns ins Unbekannte. Unser Weg zieht sich gemächlich zur Hauptstadt der Highlands, Inverness. Unterwegs lauschen wir den Ausführungen des Reiseleiters, stoppen mal hier, mal dort und tasten uns langsam an die Materie "Schottland" heran. Immer weiter "nach Oben" geht es und langsam beginnt das Land bergig zu werden. Die Vegetation baut ab, jetzt kommt der nackte Fels überdeckt von unzählbarer Heide. Doch auch wer meint, dass Schottland keine Bäume hat, der liegt falsch. Inverness wird nicht unser Ziel sein. Nach einer Stippvisite schlagen wir unser Lager am Loch Ness auf. Das Leben in der Natur kann also beginnen.
Man braucht keine Hand vor den Mund zu halten weil jeder weiss, dass das Leben in der schottischen Natur in den Sommermonaten ungebetene Gäste mitbringt – Mücken! Mit Netzen und Sprays, Lagerfeuer und der Hoffnung auf Wind plagen sie uns die Nacht hindurch aber warum soll es uns kümmern? Wir sind hier und wollen mehr!
Unsere Reise soll gute 14 Tage dauern. Vor uns liegen unzählige Kilometer (Meilen ;-)), viele Orte die wir besuchen, Wanderungen so abseits jeglicher Zivilisation und doch steckt in jedem Schritt den wir gehen so viel Geschichte, dass man ganze Tagebücher nur damit füllen könnte. Nach unserem gemeinsamen Abendessen geht es direkt ins Zelt. Unsere erste Nacht draußen in Schottland am Rande des Loch Ness. Legendär für das Monster welches wir nicht fürchten und doch übertönt mit dem Ruf der Eulen aus dem Dickicht.
Der nächste Tag.
Früh geht es los, denn wir haben viel vor.
Wir wollen tiefer in das Land eintauchen und fahren auf die Insel Skye. Zuvor besuchen wir das legendäre Eilean Donan Castle. Dort entdecken wir auch die ersten "wahren"" Schotten gekleidet im Kilt, ausgestattet mit Dudelsack. Die Umgebung der Burganlage ist einzigartig, wie eine Filmkulisse. Wir fühlen uns wie Highlander.
Versorgt mit allem was wir benötigen verlassen wir also das schottische Festland und erreichen Skye. Die Wolkeninsel. Die Inneren Hebriden. Wenn der morgen auch etwas trüb war, so scheint nun die Sonne und eine leichte Brise weht. Mit klarer Sicht auf die Landschaft geschaffen aus Erdrutschen, übersäht vom Grün der Wiesen, den Schafen und rotem Fingerhut durchfahren wir eine Landschaft die uns verzaubert. Wir fühlen was uns Antreibt. Es ist das Verlangen nach Natur, nach Schönheit, nach Einsamkeit und genau das finden wir hier. In Staffin schlagen wir unser Lager auf, kochen gemeinsam und unterhalten uns über die Wanderung am nächsten Tag. Wir wollen zum Lock Coruisk.
Die Cullins Berge in Rot und Schwarz erheben sich majestätisch vor uns, als wir am nächsten Morgen zum Ausgangspunkt unserer Wanderung aufbrechen. Vor uns liegen unvergessliche Schritte in eine verwunschene Welt. Entspannt entfliehen wir dem Parkplatz, verlassen nun den Zugang zu anderen Menschen und der Gesellschaft und lassen uns verzaubern von dem bergigen Panorama. Die Sonne brennt mit jeder Meile die wir wandern, stetig geht es bergauf durch kleine Flussläufe und Geröll, durch Wiesen und Trampelpfade bis wir auf einer Annhöhe die Sicht auf den Loch Coruisk bekommen. Ob verschwitzt oder nicht, bei der Aussicht ringt jeder mit dem Atem.
Vor uns liegt die gewaltige Landmasse der Cullins mit Blick auf den Ozean. Wir legen uns auf die Hänge ins Gras und lassen die Zeit verstreichen. Weit draußen im Meer liegt die Insel Soay, unerreichbar für uns aber in Gedanken fragen wir uns, was es dort wohl gibt. Der Weg zurück ist immer schneller geschafft als der Aufbruch und ehe wir uns versehen sitzen wir am Abend im Pub und trinken ein Bier auf unsere Leistung. Müde aber Glücklich fallen wir in tiefen Schlaf, weit weg vom Summen der Mücken.
Skye macht Hunger auf mehr. Am nächsten Tag umrunden wir die Insel, genießen die Aussichten, saugen die Sonnenstrahlen auf. Da soll noch einmal jemanden sagen, dass es in Schottland so viel regnet. Wir haben das Glück auf unserer Seite. Nach einem weiteren sonnigen Tag auf Skye bereiten wir uns auf unsere Weiterfahrt vor. Wir packen und studieren die Landkarte. Umsäumt von Schafen und Rindern, zwischen "Mäh" und "Muh" erkunden wir die Wanderrouten. Unser Ziel bevor wir uns von Skye verabschieden: Die verlassenen Dörfer am Rande von Broadford. Wir fahren vom Camp in der Früh los und parken unser Auto an einer alten Kirchenruine. Wieder scheint die Sonne.
Die Wanderung ist entspannter als die zum Loch Coruisk. Durch Wiesen und Gräser geht es hinunter zur Bucht welche von verlassenen Häusern bestückt ist. Wir setzen uns ins Gras und stellen uns mit den Geschichten des Reiseleiters das harte Leben der Hochlandbewohner vor. Es ist kaum vorzustellen wie sie damals hier lebten. Noch immer laufen Rinderherden durch die Ruinen des Dorfes, stehen auf unserem Weg immer wieder verlassene Häuser bis wir über Steinscherben entlang der grünen Steilklippen unseren Weg bahnen. Der Wind weht heute stärker als die Tage zuvor aber betäubt von der Schönheit dieser Landschaft würden wir sogar Regen und Sturm akzeptieren.
Und dabei wussten wir nicht, wie sehr wir dies noch akzeptieren müssen.
Die erste Woche in Schottland ist vorrüber. Wir campen an den Silberstränden von Arisaig. Die Bilder in unseren Köpfen lassen sich schwer verschieben. Wir haben nach einer Woche bereits kaum noch Platz in unseren Gedanken für neue Eindrücke. Wir sind vollkommen zufrieden und sind an einem Punkt wo niemand einverstanden wäre, wenn die Reise nach einer Woche schon vorrüber wäre. Bei einem leckeren Abendessen sitzen wir zusammen und stellen fest, dass es wohl keine schönere Form des gemeinsamen Reisens geben kann. Wir können uns voll entfalten, erleben das Land intensiv in dem wir es begehen, erfahren und bestaunen. Selbst Spontanität ist kein Fremdwort. Wir sind aktiv, handeln alternativ, leben ganz nah mit dem Land und mit allen Facetten die uns präsentiert werden.

Wer in Schottland unterwegs ist muss natürlich auch ein wenig das schottische Leben ausprobieren. Es besteht kein Zwang sich einen Kilt anzuziehen, niemand muss unbedingt Haggis (Schafsinnerein in einem Schafsmagen eingenäht) probieren und auch wenn man mal den schottischen Whiskey probieren, dem Dudelsack lauschen, den Wanderwegen vieler Helden folgen sollte, so gehört der schottische Regen einfach dazu.
Unweit unseres Camps zwischen dem Loch Nevis und dem Loch Morar wandern wir an diesem Tag nach Swordland. Wir wollen einfach gehen und so weit kommen wie wir uns fühlen, ohne Ziel. Wir wollen uns einfach durch die Landschaft tragen lassen, in diese Weite hineinlaufen. Doch um so stärker es regnet, desto durchtränkter ist unsere Kleidung welche alle Tropfen durch die meterhohen Farne am Rande des mächtigen Loch Morar aufsaugt. Die Sicht versperrt, der Regen anhaltend, klitschnass geben wir nicht auf aber wir lassen Schottland gewinnen. Hier gilt es das Land mit seinen Ecken und Kanten zu erleben und wer sich draußen aufhält, der lebt mit dem Wetter.
Natürlich schwankt unsere Motivation, doch wir sind in der Hoffnung auf besseres Wetter.
Tage vergehen und wir ziehen weiter. Mit unserem Gepäck, mit unserem Auto, mit unseren Vorstellungen. Von Arisaig geht es mit Boxenstopp in Fort William in das Tal von Glencoe. Schottland scheint uns nun ein anderes Gesicht zu zeigen. Wir nehmen dies hin, denn hier oben ist es eben wie es ist. In Glencoe bauen wir in dichtem Nebel unser Camp auf. Die ersten Mitreisenden äussern, dass sie nicht nach Hause wollen, auch wenn wir noch ein paar Tage haben.
Wir sind in unserem Element. Nebelig mit der Sonne, welche sich durch die dicken Bänke kämpft wandern wir in das "Lost Valley" von Glencoe. Mystisch, fast geisterhaft tasten wir uns durch die Felsschluchten bis in das Tal, durchqueren einen Fluss, unterstützt vom Regen, der wieder bei uns ist und uns ins Gesicht peitscht. Doch wir alle sind uns einig: Wir sind glücklich. Wer will schon in einem Büro sitzen, wenn er das hier haben kann?
Der Platzward im Camp empfängt uns fröhlich und verspricht, dass eine Wetterbesserung kurz bevor steht. Wir bleiben guter Dinge.
Wir erzählen dass wir auf die Insel Mull wollen. Der Platzward beruhigt uns und sagt: "Wenn ihr den Sommer wiederfinden wollt, dann seid ihr dort genau richtig. Das strengere Wetter gäbe es wenn dann nur in Glencoe, unberechenbar eben."
Von der Stadt Oban aus, dem Tor zu den Herbriden, bringt uns die Fähre nach Mull. Wieder sind wir sprachlos als wir in Fionnophort ankommen und unser Camp direkt am Meer aufschlagen mit Blick auf die helige Insel Iona. Die letzten unvergesslichen Tage stehen uns bevor. Schottland wird nun religiös. Wir treffen auf basaltische Säulen bei Staffa mit Seevögeln und Geschichten über jenen Riesen der hier unterwegs ist. Wir treffen auf dieHeiligkeit im Kloster von Iona, sehen wie abgeschieden und doch einfach man leben kann und selbst die Schotten sind hier unterwegs und nennen die Ecke ihres Landes "Unsere Karibik des Nordens."
Bevor wir uns in tiefem Schweigen verlieren und wohl jeder inzwischen nicht mehr nach Hause will rückt der Abschied nahe. Zurück geht es nach Oban. Dort probieren wir Whisky, essen Meeresfrüchte am Hafen, gehen Abends in die Pubs während die Sonne den Himmel errötet. Wir fühlen das dies hier unser Zuhause ist.
Doch wir wissen auch wenn wir wieder aufwachen, fahren wir zurück nach Edinburgh.

Leicht grimmig und geprägt von der Reizüberflutung der letzten Tage rollen wir entlang des Loch Lomond nach Stirling. Von Stirling ist es nicht mehr weit nach Edinburgh. Heute werden wir wieder in einem Hotel schlafen. Vorbei ist das Leben in der Natur. So unvergesslich diese Reise bleiben wird so wissen wir, dass wir schon bald wieder hinaus wollen. Bei einem Kaffee in Stirling unterhalten wir uns über die nächsten Ziele und dabei geht es nicht nur um Schottland. Egal wo es uns hinführt, Schottland ist nur ein Beispiel dafür, wie intensiv man in einem Land reisen kann.

Abends in Edinburgh. Die Hotelzimmer sind bezogen, wir gehen nochmal in die nächtliche Atmosphäre der Hauptstadt. Wir wollen ein letztes Mal zusammensitzen wie im Zelt die Tage zuvor, noch einmal wollen wir das Erlebte uns wieder vor Augen führen, die Highlights der Reise auf den Tisch bringen. Und dabei war jeder Tag ein Höhepunkt für sich.


Das letzte gemeinsame Abendessen, das letzte Bier der Reise, der letzte Trinksruch: "Ein Hoch auf Schottland!"

Bilder der Reise: 




Für weitere Informationen: www.travel-and-personality.de

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